“Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat aktuell einen Bericht zur Situation von Asylsuchenden und Schutzstatusinhabenden mit psychischen Problemen in Italien veröffentlicht. Der Bericht ist in Englisch verfasst, die Zusammenfassung in deutsch, englisch, 220209_Italy_summary_D, französisch, italienisch. Die Dokumente finden Sie unter den folgenden Links:
Der Bericht zeigt, dass Personen, die im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Italien zurückgeführt werden, am ehesten in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden – vorausgesetzt, ihr Recht auf Aufnahmebedingungen wurde nicht entzogen, weil sie Italien zwischenzeitlich verlassen haben.
In diesen Zentren kommt es vor, dass für den Besuch eines Sozialarbeiters und einer Ärztin je 15 Minuten pro Person und Monat zur Verfügung stehen. Obwohl sowohl Asylsuchende als auch Personen mit internationalem Schutzstatus theoretisch Zugang zum besser ausgestatteten Zweitaufnahmesystem SAI hätten, reichen die spezialisierten Plätze für Personen mit psychischen (oder physischen) Gesundheitsproblemen bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Darüber hinaus bieten nicht alle Zentren des SAI-Systems Zugang zu psychologischer Behandlung, obwohl dies auf dem Papier vorgesehen wäre. Es gibt keine langfristigen Lösungen für Personen mit schweren psychischen Erkrankungen. Da es an wirksamen Identifikationsmechanismen mangelt, werden die Identifizierung von Vulnerabilitäten und die Feststellung besonderer Bedürfnisse bei nicht sichtbaren Problemen wie psychischen Erkrankungen spezialisierten NGOs überlassen, die nicht über die Mittel verfügen, um alle Bedürfnisse abzudecken, und die sich in einer finanziell instabilen Situation befinden.
Ein weiteres Problem scheint die Weitergabe von Informationen zu sein. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass das Entsendeland die italienischen Behörden über besondere Bedürfnisse in Bezug auf psychologische Behandlung informiert, werden diese Informationen meist nicht an den zuständigen Akteur weitergeleitet, der die betreffende Person an eine Unterkunft verweist. Auch beim Übergang von der ersten zur zweiten Aufnahme werden diese Informationen nicht immer weitergeleitet.
In Anbetracht des Mangels bei der Identifizierung kann dies dazu führen, dass Bedürfnisse gar nicht erst erkannt werden. Das grösste Hindernis ist die Sprache, da das medizinische Personal oft nur Italienisch spricht. Obwohl in den Zentren Dolmetschende vorgesehen sind, können sie nicht alle Sprachen abdecken. Der Zeitraum, in dem eine Übersetzung zur Verfügung steht, beschränkt sich meist auf den Arztbesuch im Zentrum.”
Gesendet von Frau Adriana Romer, Juristin Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH
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